Gemeinsame Delegiertenversammlung in Hennigsdorf

Zahlreiche Herausforderungen für die IG Metall Oranienburg-Potsdam im zweiten Halbjahr 2024

19.06.2024 | Zu ihrer ersten gemeinsamen Delegiertenversammlung nach ihrer Neukonstituierung trafen sich die Delegierten der IG Metall-Geschäftsstellen Oranienburg und Potsdam am 13. Juni 2024 im Klubhaus Hennigsdorf. Im Mittelpunkt standen die Themen Mitgliedergewinnung mittels innovativer Ansprachemethoden, Berichte aus Betrieben in der Region und die im Herbst anstehende Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie.

Die Delegierten der IG Metall-Geschäftsstellen Oranienburg und Potsdam positionieren sich gegen Homophobie und Ausgrenzung. - Fotos: Volker Wartmann

Jürgen Schumann (2. von rechts) moderierte die Delegiertenversammlung in Hennigsdorf.

Zu Beginn der Veranstaltung stellte Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam, die aktuellen Geschäftsberichte der beiden Geschäftsstellen vor.

Anne Borchelt, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam, informierte die Delegierten über die wesentlichen Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung der IG Metall im Vorfeld der anstehenden Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie.

Die gemeinsame Delegiertenversammlung fand diesmal im Klubhaus in Hennigsdorf statt.

Die Delegierten hören aufmerksam zu.

Jordi Ziour, der neue politische Sekretär der IG Metall Oranienburg-Potsdam, stellt sich den Delegierten vor.

Delegierte bei einer Abstimmung per Kartenzeichen.

Stefani Jovanovic informierte die Anwesenden über die zahlreichen Aktivitäten des Ortsjugendausschusses (OJA) der IG Metall-Geschäftsstelle Oranienburg.

Heiko Engelmann, Betriebsratsvorsitzender bei Alstom in Hennigsdorf, sagt seine Meinung während einer Diskussion.

Polizeihauptkommissar Marco Klingenberg appellierte während seines Gastvortrags an die Delegierten, jede diskriminierende Straftat bei der Polizei anzuzeigen.

Robert Drewnicki und Jessica Haspel stellten die Angebote von ReTraNetz-BB vor. ReTraNetz-BB ist ein regionales Transformationsnetzwerk für die Fahrzeug- und Zulieferindustrie Berlin-Brandenburg, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird.

Markus Sievers (rechts), Pressesprecher des IG Metall-Bezirks Berlin-Brandenburg-Sachsen, nahm als Gast an der Versammlung teil. Links Moderator Jürgen Schumann.

Betriebsrat Michael Saldsieder (links/am Mikrofon) informiert die Delegierten über die aktuelle Situation bei Hellmers Fahrzeugbau in Wittstock/Dosse.

Die Teilnehmenden hören den Vorträgen interessiert zu.

Zudem bereicherten mehrere Gäste die Delegiertenversammlung mit interessanten Referaten: Polizeihauptkommissar Marco Klingberg hielt einen Vortrag zum Thema LSBTIQ-Feindlichkeit in Brandenburg. Robert Drewnicki und Jessica Haspel informierten die Delegierten über die Aktivitäten des regionalen Transformationsnetzwerks für die Fahrzeug- und Zulieferindustrie in der Region Berlin-Brandenburg, kurz TeTraNetz-BB.

Zu Beginn der Veranstaltung stellte Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam, die aktuellen Geschäftsberichte der zwei Geschäftsstellen vor. Jahn betonte, dass die Gewinnung neuer Mitglieder weiterhin ein wesentlicher Arbeitsschwerpunkt der Geschäftsstellen Oranienburg und Potsdam sei. „Wir wollen mit neuen Methoden noch öfter direkt auf die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben zugehen, um in 1zu1-Gesprächen in persönlichen Kontakt mit ihnen zu kommen“, betonte Jahn.

Als erfolgreiches Beispiel für die direkte Ansprache von Kolleginnen und Kollegen führte sie eine Aktion der Aktivenkonferenz an, die am 29. und 30. April in Brandenburg an der Havel stattfand und an der 55 aktive Metallerinnen und Metaller aus der Region teilnahmen. Kurz nach Beginn der Konferenz zogen die Teilnehmenden gemeinsam zum Schichtwechsel bei ZF Getriebe vor die Werktore I und II, um die Beschäftigten zu befragen, mit welcher Forderungshöhe die IG Metall in die anstehende Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie gehen solle. Diese direkte Anspracheaktion erwies sich als Erfolg: Der Großteil der Schichtwechselnden nahm sich vor den Toren die Zeit für die kleine Befragung, die via Smartphone durchgeführt wurde. Bei der Aktion gelang es den Aktiven zudem, einige neue Mitglieder für die IG Metall zu gewinnen.

Anne Borchelt, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam, stellte den Delegierten wesentliche Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung vor, die die IG Metall im Vorfeld der anstehenden Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie durchgeführt hat: Angesichts der hohen Verbraucherpreise fordern die Beschäftigten spürbar mehr Geld, um ihr Realeinkommen zu stabilisieren. Bei der Arbeitszeit möchten sie künftig mehr Selbstbestimmungsmöglichkeiten haben. Eine überproportionale Erhöhung der Ausbildungsvergütungen ist vielen Befragten ebenfalls sehr wichtig.

Anschließend berichtete Borchelt über Erfolge der IG Metall in einzelnen Betrieben in der Region. So ist es bei HSN in Nauen mittels Direktansprache der Beschäftigten via Dialog-App gelungen, die Mitgliederanzahl in diesem Betrieb in den vergangenen anderthalb Jahren zu vervielfachen. „Die Kolleginnen und Kollegen bei HSN sind bereit, für einen Tarifvertrag zu streiten“, erläuterte Borchelt. „Sie haben eine Tarif- und Verhandlungskommission gewählt und ihren Forderungskatalog für einen Tarifvertrag Anfang Juni dem Arbeitgeber übergeben.“ Anne Borchelt: „Wir freuen uns jetzt auf die Tarifauseinandersetzung bei HSN.“

Als weiteres Erfolgsbeispiel führte Borchelt die Paul Hartmann AG in Brück an. „Infolge der direkten Ansprache im Vorfeld nahmen an dem Warnstreik am 4. Juni im Rahmen der Tarifverhandlung der Textilindustrie Ost nahezu sämtliche Kolleginnen und Kollegen teil“, sagte Borchelt. „Die Bereitschaft zum Warnstreik und eine verbindliche Verabredung haben wir bei einer Aktion am 27. Mai via Dialog-App eruiert. Beteiligt haben sich auch zahlreiche Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht Mitglied in der IG Metall sind. Es war das erste Mal, dass die Belegschaft im Rahmen eines Warnstreiks bei Hartmann die Arbeit niedergelegt hat.“

Dass sich der Aufwand, Beschäftigte direkt in 1zu1-Gesprächen anzusprechen, lohne, zeige auch das Beispiel des Zahnradwerks in Pritzwalk, so Borchelt. „Auch hier konnten wir vor den anstehenden Haustarifverhandlungen durch die direkte Ansprache mit der Dialog-App noch weitere Mitglieder gewinnen und erste Anhaltspunkte für die Forderungen der Beschäftigten in der kommenden Tarifrunde sammeln. Die Menschen wünschen sich, dass ihre Themen gehört werden und mit in die Debatten einfließen“, sagte Borchelt.

Auch zur Kündigung des Zukunftstarifvertrags bei Alstom nahm Borchelt Stellung. „Im Gegensatz zu den Beschäftigten hat der Arbeitgeber viele Zusagen, die wir nach zweijähriger Verhandlungszeit im vergangenen Jahr in dem Zukunftstarifvertrag vereinbart hatten, nicht eingehalten“, so Borchelt. „Diese Nichterfüllung war für die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr zumutbar, sodass wir den Zukunftstarifvertrag nach einem eindeutigen Votum unserer Mitglieder gekündigt haben. Wir werden unsere Mitglieder nun zeitnah unterstützen, um ihre Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen.“

Michael Saldsieder, Betriebsrat bei Hellmers Fahrzeugbau in Wittstock/Dosse, berichtete vom Erfolg der Belegschaft, die seit Monaten für einen neuen Haustarifvertrag streitet. „Wir haben inzwischen 99 Prozent Einigkeit mit dem Arbeitgeber erzielen können. Wir hoffen, dass wir im Juli einen neuen Haustarifvertrag unterschreiben können.“

Nach den Berichten aus den Betrieben stellte sich Jordi Ziour den Delegierten vor. Der 30-jährige Gewerkschafts-Trainee ist seit April in der Geschäftsstelle Oranienburg-Potsdam im Praxiseinsatz und wird im November 2024 das Team der Geschäftsstellen erweitern.

Jordi Ziour studierte in Jena und Potsdam Soziologie und Philosophie mit dem Schwerpunkt Arbeitssoziologie. Als studentischer Mitarbeiter sammelte er an der Uni erste praktische, gewerkschaftliche Erfahrungen: Er setzte er sich gemeinsam mit Kommilitonen und Kommilitonen dafür ein, dass studentische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bundesweit künftig unter Tarifbedingungen beschäftigt werden. „Leider ist es uns nicht gelungen, unsere Forderungen für einen Tarifvertrag durchzusetzen“, sagte Ziour. „Ich gehe davon aus, dass das mit einer starken IG Metall im Rücken und gemeinsam mit euch künftig besser klappen wird. Ich freue mich auf die neuen Herausforderungen und die Zusammenarbeit mit euch.“

Stefani Jovanovic, Vorsitzende des Ortsjugendausschusses (OJA) Oranienburg, informierte die Delegierten über die zahlreichen Aktivitäten des Oranienburger OJA. Der OJA beteiligte sich beispielsweise am Rhythm Against Rassism-Festival in Potsdam, an der 1. Mai-Kundgebung in Potsdam und am Christopher Street Day in Bad Belzig. Jovanovic betonte ausdrücklich, dass die jungen Metallerinnen und Metaller darauf bestehen, mit einer eigenen Jugendforderung in die anstehende Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie gehen zu wollen.

Gast Marco Klingberg ist Polizeihauptkommissar und LSBTIQ-Beauftragter des Polizeipräsidiums des Landes Brandenburg. Er stellte in seinem Referat unter dem Titel „Mut zur Zivilcourage – Sichtbarkeit von LSBTIQ“ seine Tätigkeitsschwerpunkte vor und berichtete den Delegierten über die zunehmende Hasskriminalität gegen LSBTIQ in Brandenburg. Die erfassten Fallzahlen der Delikte nahm im Bereich „Sexuelle Orientierung“ 2023 im Vergleich zu 2022 um annähernd 50 Prozent zu, im Bereich „Geschlechtsbezogene Diversität“ sogar um mehr als 100 Prozent. Klingberg appellierte an die Delegierten: „Jede Straftat ist eine Straftat zu viel! Zeig sie an!“

Zum Abschluss der Veranstaltung informierten Robert Drewnicki und Jessica Haspel die Delegierten in einem gemeinsamen Vortrag über die Aktivitäten des regionalen Transformationsnetzwerks für die Fahrzeug- und Zulieferindustrie in der Region Berlin-Brandenburg, kurz TeTraNetz-BB. Das Netzwerk ist ein Konsortium, das sich aus Vertretern von Arbeitgebern, Gewerkschaften, Ministerien, Wissenschaft und Bildung zusammensetzt und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird.

„Die Automobil- und Zulieferindustrie sieht sich mit einer komplexen Umbruchsituation konfrontiert: Antriebswende und Digitalisierung verändern Produktentwicklung und Produktionsprozesse tiefgreifend“, erläuterte Robert Drewnicki, Projektleiter im ReTraNetz-BB. „Innerhalb des ReTraNetzes-BB wollen wir als Gewerkschaftspartner Betriebe, Betriebsräte und Beschäftigte beraten und unterstützen, aktuelle und zukünftige Kompetenzanforderungen und -veränderungen für die Beschäftigten analysieren, um daraus unter anderem zielgerichtete Umschulungs-, Qualifizierungs- und Weiterbildungsinitiativen in den Betrieben anzustoßen“

Drewnicki betonte zum Abschluss des Vortrages: „Wandel gelingt nur mitbestimmt. Transformationsprozesse können nur gelingen, wenn wir sie gemeinsam und sozialpartnerschaftlich angehen.“

Zum Abschluss der Delegiertenversammlung versammelten sich die Delegierten für ein Foto hinter einem Transparent, um zu demonstrieren, dass sie für eine bunte Gesellschaft stehen. Ihr gemeinsames Motto: „Wenn wir zusammenhalten, ist alles möglich!“

 

Wichtige Termine 2024 – bitte vormerken!

2. Juli: Ortsvorstandssitzung Geschäftsstelle Potsdam

5. Juli: Ortsvorstandssitzung Geschäftsstelle Oranienburg

30. August: Hoffest DGB Potsdam

14. September: Tarifauftakt in der Metall- und Elektroindustrie in Potsdam

17. September: Ortsvorstandssitzung und Delegiertenversammlung Geschäftsstelle Potsdam

25. September: Ortsvorstandssitzung und Delegiertenversammlung Geschäftsstelle Oranienburg

4. Dezember: Gemeinsame Delegiertenversammlung beider Geschäftsstellen in Potsdam im Hotel Mercure

 

 

Von: vw

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